Inzwischen fühle ich mich schon recht zuhause hier. Es gibt zwar noch so einige Dinge, die etwas gewöhnungsbedürftig sind, aber im Großen und Ganzen ist das Leben angenehm hier (trotz Hitze). Mit der umgewürfelten Woche hab ich aber noch zu kämpfen; momentan hab ich jegliches Gefühl verloren, welcher Wochentag ist.
(Achtung, längerer Post.)

Die letzten Tage waren arbeitstechnisch aufgrund einiger (Un)wägbarkeiten etwas chaotisch, aber inzwischen läuft alles in geraden Bahnen. Vorlesung halten macht Spass, die Studenten sind ein gemischter, durchweg sympathischer Haufen, und ich muss mich zurückhalten, bei den Übungen nur mal vorbeizuschauen und nicht Dauersupport zu geben; weil ich das aufgrund der Arbeitsverteilungsvereinbarung nicht darf (bzw. soll).

Der Addy war so super, vor der Abreise bei unserer Wohnung (also, der Bonner) vorbeizufahren und sich von Astrid meine Anzugschuhe und Allergietabletten geben zu lassen, die ich heldenhaft zuhause vergessen hatte. Ich hoffe zwar, den Anzug nicht anziehen zu müssen, aber wenn, kommt es wahrscheinlich eher nicht so gut, entweder mit Flipflops, Lederchucks oder Wanderschuhen dazu rumzulaufen.
Mit Julia (meiner Mitbewohnerin) versteh ich mich prächtig (wobei – verstehen – Österreichisch ist schon heftig 😉 ). Wir haben vorgestern einen Sightseeing-Trip nach Amman Downtown gemacht. In Downtown geht es ein wenig hektischer zu als hier, es sind tausend kleine Läden nebeneinander, und man wird ständig freundlich gegrüßt. Überhaupt sind die Jordanier ein wirklich freundliches Volk. Ständig hört man von völlig Fremden im Vorbeigehen ein freundliches „Welcome!“, unterstrichen durch ein strahlendes Lächeln. Anfangs ist das etwas strange, weil man sich als Deutscher doch etwas verarscht vorkommt, aber nach ner Zeit wird einem bewusst, dass die das tatsächlich aufrichtig und ernst meinen und einfach nur freundlich sein wollen. Auf dem Gemüsemarkt kriegt man auch ständig verschiedenes Obst in die Hand gedrückt, wird in Stände gebeten, um Käse und ähnliches zu probieren, und wenn man die Kamera auspackt, wollen alle, dass man ein Foto mit ihnen macht.

Amman selber zeichnet sich vor allem durch eine Vielzahl von Gerüchen aus. Allen voran der von brennendem Plastik (Müll wird hier gerne mal angezündet), dicht gefolgt von Abgasen. Hin und wieder auch etwas Kanal. Gelgentlich aber durchdringt auch ein Geruch von leckerstem Essen dieses olfaktorische Festspiel. Was das Essen angeht, bin ich hier übrigens genau richtig. Ich esse an sich schon sehr gerne orientalisch, und hier (im Orient) kriegt man doch, wenn man denn will, recht viel davon. Ausserdem eine große Auswahl schmackhaftester Süßigkeiten; zum Beispiel weichen Nugat, für den ich in Deutschland ja schon töten kann :).
In Jordanien wird es recht früh und schnell dunkel. Ab etwa 19.30h lässt das Licht deutlich nach, um 20.30h ist es komplett finster.
Der Straßenverkehr is hier ziemlich chaotisch, aber im Großen und Ganzen doch relaxed (allerdings fand ich den Straßenverkehr in Ulan Bator auch relaxed, was nicht unbedingt jeder nachvollziehen konnte). Wichtigstes Bauteil am Auto ist offensichtlich die Hupe, und da sie so wichtig ist, muss auch mindestens einmal pro Minute überprüft werden, ob sie noch funktioniert. Ansonsten sind Fahrbahnmarkierungen (sofern vorhanden) ein netter Vorschlag, und man fährt eher, wie man grad will. Die Leute würden wahrscheinlich auch über die Bürgersteige fahren. Tun sie aber nicht, weil ihr Auto bei dem Versuch unangenehm ramponiert bis fahruntauglich gemacht werden würde. Die Bürgersteige (sofern vorhanden) haben den zweiten Wortbestandteil durchaus verdient; die sind nämlich locker 40 cm hoch, wenn nicht mehr. Und gerne auch bepflanzt. Mit Bäumen. Die den kompletten Bürgersteig einnehmen. Aus dem Grund geht man halt immer auf der Straße. Straßenseite wechseln ist auch bei vierspurigen Straßen übrigens ganz easy. Man muss einfach gehen; die Fahrzeuge werden schon langsamer. Wichtig ist hierbei, nicht zu rennen, sondern gleichmäßig gemütlich zu gehen, so dass die Fahren einschätzen können, wann man wo ist. Relaxed bleiben halt (hat in Ulan Bator auch prächtig funktioniert).
Fußgänger sind allerdings auch etwas seltsames seltenes und werden schonmal strange angeguckt (was natürlich auch an unserem Exotenstatus liegen könnte); der Jordanier an sich geht nicht zu Fuß. Is ja auch viel zu heiß. Aber es fahren ja auch Unmengen an Taxen durch die Gegend (jedes dritte bis vierte Auto), und Taxi fahren ist quasi geschenkt. Eine Fahrt in die Innenstadt (20 – 25 Min) kostet 3JD, das sind etwa 2,70€. Der Zustand der Taxen schwankt dabei zwischen „nagelneuer Mittelklassewagen, klimatisiert“ und „hoffentlich hält der Wagen bis zur nächsten Ecke“. Stinken tun die Autos aber alle..

Die Internetverbindung in der Wohnung ist vorhanden, aber nicht zwangsweise stabil. Ich habe die starke Vermutung, dass da ein Zusammenhang zwischen Signalstärke/SNR und Temperatur besteht. Morgens ist der Empfang gut und stabil, tagsüber (insb. gegen 5) im Grunde nichtexistent und abends (gegen 10) wird das Signal wieder besser. Zum Skypen oder IP-Telefonieren reicht es allerdings nicht.
In der Uni ist die Situationr etwas besser. Das WLAN ist stabil und (mehr oder weniger) tageszeitunabhängig vorhanden; nur wenn sämtliche Studenten reinwollen, wird es eng. Allerdings besteht die Verbindung ins Internet über einen Proxy-Server, der gelegentlich auch schon mal den Dienst quittiert. Das Blöde ist, dass der Proxy anscheinend nicht cached; die Anbindung wird also nicht schneller, allerdings funktionieren SSL, SSH und FTP zum Beispiel nicht mehr. Zum Skypen oder IP-Telefonieren würde die Verbindung wohl ausreichen; aber ersteres habe ich noch nicht testen können, und zweiteres funktioniert auch nicht über den Proxy.
(Die wenig technikaffinen mögen mir obige Ausführung verzeihen)
 
 
Morgen muss ich glücklicherweise keine Vorlesung halten; und auch die Übungen liegen momentan in den Händen der GJU. Ich habe also offiziell eigentlich nur die Office Hours von 3 bis 5. Allerdings habe ich für die dritte Woche noch einige Dinge vorzubereiten, also werde ich wohl den ganzen Tag im Büro sein.

Fachbücher sind hier übrigens fast geschenkt. Wir haben heute im Bookstore „3D Computer Grpahics“ gekauft, und zwar für lockere 18JD. Bei Amazon.de kostet es momenan heruntergesetzt 78,95€. Auf diesen Laden werde ich definitv nochmal zurückkommen 😉

Am Freitag fahren wir mit allen Mann auf einen Trip nach Jerash, einem beliebten Touristenziel im Norden von Jordanien, wo wir ein jordanisches Dinner vorgesetzt bekommen und uns irgendwelche Festivitäten angucken (soweit unser Informationsstand). Samstag wollen wir dann die Stadt ein wenig weiter erkunden.
Nächstes verlängertes Wochenende (also Mittwoch bis Freitag) fahren wir auf einen Trip nach Petra und ins Wadi Rum, und werden da bei den Beduinen übernachten; und so wie es aussieht, werden wir wohl auf dem Trip das meiste mitnehmen, was man zwischen Amman und dem roten Meer so sehen kann. Ich bin gespannt.

Bilder von hier kommen die nächsten Tage.