Seit ich meinen Job gewechselt habe gehe ich jeden Tag mindestens zwei mal durch die Godesberger Innenstadt. Ein Arbeitsweg, den ich eigentlich recht gern habe; er führt direkt an meinem Lieblingsteeladen vorbei (das ist eine Geschichte für ein ander Mal), ist autofrei, und ich kann auf dem Weg einkaufen gehen. Ausserdem mag ich es, Gespräche in vielen verschiedenen Sprachen zu hören; eine Hinterlassenschaft des ehemaligen Status als Diplomatenviertel.
Und gelegentlich finden sich dort Straßenmusiker ein. Straßenmusikern kann ich durchaus etwas abgewinnen, wenn sie wirklich gut sind. Und das sind einige von ihnen. Allerdings gibt es da zwei deutliche Ausnahmen: die obligatorischen Panflötenindianer mit Betulichkeitsmusik aus 90er-Jahre-Fernsehwerbung, und der schlechteste Geiger der Welt.

Über erstere braucht man ja keine weiteren Worte zu verlieren, aber zweiterer bedarf einer Erklärung, denke ich.
Zuallererst schafft er es, jeden zweiten oder dritten Ton quietschen oder kratzen zu lassen. So weit nicht besonderes, das beherrscht so ziemlich jeder Straßengeiger. Was ihn aber hervorhebt, ist seine (wie ich hoffe) einzigartige Begabung, bekannte Melodien durch Betonung an völlig unsinnigen Stellen sowie scheinbar wahllose Tempiwechsel so zu entstellen, dass sie lediglich als belangloses Gefiedel wie von einem Zehnjährigen, der einfach orientierungslos Töne aneinanderreiht, erscheinen. Manchmal, wenn man sich konzentriert, kann man erkennen, welches Stück da gerade malträtiert wird.
Aber halt auch nur manchmal.

Dann doch lieber Panflötenindianer.