Gestern war Tag des offenen Denkmals, eine meines Erachtens großartige, jährlich zu Herbstanfang stattfindende Veranstaltung, in der viele historische und/oder üblicherweise für die Öffentlichkeit nicht zugängliche Bauwerke offenstehen und oftmals Führungen angeboten werden.
 
Dieses mal war das Wetter nicht gerade geeignet, zum Verlassen der warmen und trockenen Wohnung zu animieren, ich habe mich aber trotzdem aufraffen können. Auf meinem Programm stand zunächst die Redoute, ein tolles repräsentatives und geschichtsträchtiges Gebäude aus dem 18. Jahrhundert in Bad Godesberg, dass zum Beispiel in der Bonner Republik für Staatsempfänge genutzt wurde. Dort angekommen durfte ich aber feststellen, dass das Foyer mit Anzugträgern befüllt war und von drei Damen mit Gästeliste bewacht wurde. Die Sparkase hatte die Redoute parallel gemietet, um im Rahmen des Beeothovenfestes Konzerte aufzuführen. Der Verwaltung der Redoute sowie den beiden konkurrierenden Veranstaltern war dieser Terminkonflikt anscheinend nicht aufgefallen (oder egal; schließlich zahlte nur eine der beiden Parteien).
Doof, aber naja. Gibt schlimmeres.
Hätte mir dann doch lieber das Aennchen angeguckt; die Führungen sollten gleichzeitig sein.
 
Nachmittags habe ich mich dann noch zur Burg Lede aufgemacht. Das ist eine mittelkleine Burg zwischen den Bonner Stadtteilen Vilich und Geislar, und reichlich unbekannt. Sie ist auch die einzig bewohnte Bonner Burg; die Familie Freiherren von Loë wohnt dort, was auch der Grund für die relative Unbekanntheit sein dürfte. Es gibt zwar einen Wein- und einen Tinnefladen, ansonsten sind Burg und zugehöriger Park nicht für die Öffentlichkeit zugänglich. Schade eigentlich, meiner Meinung nach ist sie einer der schönsten unter den Bonner Burgen und Schlössern. Allerdings kann man die Burg für Festlichkeiten mieten.
Noch schöner wäre sie, wenn der Burggraben wieder mit Wasser gefüllt wäre. Es gibt auch einen Förderverein, der sich dafür einsetzt; einen Link habe ich allerdings nicht parat.


Burg LedeBurg Lede
Burg LedeBurg LedeBurg Lede

Die angekündigte Führung hat hier auch leider nicht stattfinden können, weil einfach viel zu viele Menschen da waren. Stattdessen wurde vor den Toren der Burg etwas zur Geschichte erzählt. Leider hatte der Redner kein Mikrofon und wohl auch nicht damit gerechnet, vor so vielen Menschen zu reden. Man konnte ihn nicht wirklich weit hören, und das, was man hätte verstehen können, wurde von den „Ich versteh nix“-Gesprächen der Leute um mich herum übertönt. Irgendwann bracht ihm jemand ein Mikrofon, dann wurde es besser.
Dass die eigentlich Führung ausgefallen ist, war aber auch nicht wirklich schlimm; immerhin konnte man die Burg betreten und Erdgeschoss und (Wein-)Keller sowie den Park besichtigen.
 
Nach der Burgbesichtigung bin ich noch etwas durch Vilich gelaufen. Mir war gar nicht bewusst, dass sich da so viel alte Bausubstanz (Fachwerkhäuser etc.) befindet. Ich bin dann noch in die Stiftskriche gestolpert, in der auch gerade ein Führung stattfand. Ganz nett, aber nichts weiter besonderes.
Danach habe ich noch im Haus Stroof (das Haus des Bürgermeisters aus dem 18. Jahrhundert) vorbeigeschaut. Insbesondere der Keller hat mich angezogen, weil da viele regionale Weine ausgestellt waren. Die meisten waren wirklich ausgestellt und nicht zum Verkauf gedacht; der Besitzer, der sich im Keller befand und in herrlichstem Bönnsch darüber erzählte, hatte einfach seine Freude daran. Vielleicht war es auch einfach sein Lager; ein bisschen sah es so aus.
Ich habe ihm trotzdem zwei Flaschen abgekauft. Schon allein, weil ich keine Weine aus Bonn und Umgebung habe, und das als Weinfreund ja nicht angehen kann 😉 . Wollte ich mir zwar immer mal anschaffen, aber wie das halt so ist, vergisst man es immer wieder, und hier bot sich die Gelegentheit.
Ich habe einen 2008er Regent vom Beueler Finkenberg und eine 2006er Scheurebe Spätlese aus Rhöndorf. Ich durfte mir natürllich zu beiden noch eine Geschichte anhören.
Als ich gerade gehen wollte, sagte der gute Mann „Warten se, ich schenk ihnen noch einen!“, und kramte aus einer Weinkiste eine Flasche hervor, die so aussah:

Burg Lede

Sie stammte wohl aus dem Lager eines Weinsammlers in Vilich, dessen Keller beim letzten Hochwasser etwas mitgenommen wurde. Was das für ein Wein war, konnte er mir nicht sagen. Egal, mitnehmen, ausprobieren.
 
Zuhause habe ich dann erstmal das Etikett mit ein wenig Wasser vom Schlamm befreit.

Burg Lede

Ein 1990er Kerner Kabinett aus der Rheinpfalz also (komisch, Eltville ist im Rheingau). Hm. Kerner trinke ich sehr gerne und im Grunde kann man damit nichts falsch machen. Allerdings hat er erfahrungsgemäß zwar einen recht hohen Restzuckergehalt, aber nicht allzu viel Säure. Außerdem ist das ein Kabinett und keine Spätlese, allzu viel Zucker dürfte also nicht drin sein.
Nicht gerade die besten Voraussetzungen, um einen Weißwein 19 Jahre lang zu lagern.
 
Ich hab ihn trotzdem probiert. Wie zu erwarten, war von „halbtrocken“ nicht mehr allzu viel zu merken, er war reichlich sauer. Noch nicht an der Grenze zum Essig, aber viel hat nicht gefehlt. Schade.
 
 
Alles in allem ein trotz Planungswidrigkeiten lohnenswerter Tag. Ich freu mich auf nächstes Jahr.