Die Welt und so


Die unsäglichen Holzköpfe von Pro NRW haben inzwischen auch hier ihre mit dämlichen rechten Parolen versehenen Wahlplakate aufgehängt. Und genau wie die NDP in Sankt Augustin hängen die Plakate in einer Höhe, die man nur mit einer Leiter erreicht.

Hoch genug also, dass genügend Platz darunter ist, um die Plakate vom BFF (Bündnis für Frieden und Fairness) drunter zu hängen.
Hier in Godesberg habe ich bisher kein Plakat von Pro NRW gesehen, wo das nicht geschehen wäre. Mir gefällt’s.


Pro NRW und BFF     Pro NRW und BFF
 

Ich hatte vor es selber zu schreiben, aber Thorsten hat es schon in den Kommentaren angemerkt:

Der gute Herr Knülle hat sich seine Wahlkampfstrategie noch mal überlegt und neue Plakate aufgehängt, diesmal mit dem Motto „Mit Herz. Für Sankt Augustin.“ Sieht diesmal sogar gestalterisch brauchbar aus.
Nur erinnert das Motto jetzt doch recht stark an das von der FDP in selbiger Kommune: „Mit Herz und Verstand“. Was mir allerdings ziemlich heuchlerisch erscheint – wer eines von beiden hat, ist nicht in der FDP.
 
 
Nebenbei: mir sind solche Wahlkampfmottos (inkl. Obama-Trittbrett-Veranstaltungen wie „Der macht das!“) tausendmal lieber als die unsäglich Kampagne der SPD zur Europawahl. Oder der Großteil der CDU-Bundestagswahlplakate der letzten 60 Jahre (man erinnere sich an die roten Socken). Oder auch die „Zweitkampagne“ der SPD Sankt Augustin: „Versäumnisse der CDU“ (oder so ähnlich).
Wenn die eigene Begründung, gewählt zu werden aus „die anderen sind aber doof“ besteht, sollte man sich fragen, ob man nicht zuerst daran etwas ändern sollte, dass die eigenen Inhalte offenbar schon nach eigener Meinung völlig ungeeignet sind, als Wahlargument zu gelten.

 
 
Die NPD hat übrigens jetzt auch Wahlplakate in Sankt Augustin aufgehängt. In vier bis fünf Metern Höhe, der Straße leicht abgewandt, da, wo man sie leicht übersehen und schon gar nicht lesen kann.
Gut so.
 
 
Nochmal nebenbei: Ich bin an der Wahl (bzw. deren Plakatierung) in Sankt Augustin nur deswegen interessiert, weil ich täglich an einer überbordenden Menge der betreffenden Plakate auf dem Weg zur Arbeit vorbeifahre. Wählen werde ich in Bonn, und da sind mir keinen Plakate wirklich negativ aufgefallen. Die einzigen Gräueltaten kommen vom Bürgerbund, aber da ist man das gewohnt.

Ich kann durchaus als werberesistent bezeichnet werden. Man könnte sogar soweit gehen und das Wort werberepulsiv erfinden, um meine Einstellung zu Werbung zu bezeichnen. Im Normalfall stößt sie mich nämlich ab.

Ein ganz besonderer Art von Grauen verursacht mir dabei Wahlwerbung, insbesondere Wahlplakate. Was da für hohle, nichtssagende, austauschbare Floskeln an jeden zweiten Baum getackert werden, direkt unter das Konterfei von irgendeinem Politiker (als wenn das für mich irgendeine Relevanz hätte, wie die Person aussieht, die ich wähle), löst bei mir eigentlich nur Kopfschütteln aus.

Hin und wieder taugen diese Plakate aber auch für eine Art unfreiwilligen Humor. Bisher unangefochtener König ist dabei das aktuelle Wahlplakat des Bürgermeisterkandidaten der SPD Sankt Augustin. Leider habe ich verpeilt, vor meinem Urlaub Fotos davon zu machen, deswegen muss hier (erstmal) eine Beschreibung reichen.
Zuallererstmal ist der der Schriftzug an sich sehr aussagefern: Marc Knülle – Der macht das!
Natürlich. Was auch immer „das“ sein soll. So weit, so Standard.

Zu einem wirklich abstrusen Kunstwerk wird das Plakat dann aber durch das in seiner Skurrilität kaum zu übertreffenden Bild. Hier hat man sich nicht damit begnügt, einfach die austauschbare Politikervisage* abzudrucken, wie bei jedem anderen solchen Plakat, sondern man hat seine Nähe zu allen Bürgern anscheinend visuell unterstreichen wollen. Deswegen hat er ein Kind auf dem Arm, während er einem Schwarzen die Hand schüttelt (ja, auch für die Ausländer ausländischen Mitbürger Migranten Mitbürger mit Migrationshintergrund macht der das) und ein kleines Ömchen ihm am Unterarm baumelt und ihn anhimmelt, als wäre er Jesus persönlich. Dazu grinst er in die Kamera, was mir wahrscheinlich signalisieren soll, dass er auch für mich da ist das macht.
Tatsächlich lese ich daraus, dass es ihm völlig egal ist, wem er da gerade die Hand schüttelt, jedenfalls nicht wichtig genug, um die Person dabei anzuschauen, und Ömchen gerne weiterhimmeln kann, solange sie nicht lästig wird. Das Kind auf dem Arm scheint allerdings ganz nützlich zu sein, schließlich hält es ihm das Handy ans Ohr(!) und trägt seine Aktenmappe (er telefoniert also auch gleichzeitig, sehr höflich).
 
 
Mir stellt sich bei sowas die Frage, wer da wie viel von welchem Pulver inhaliert haben muss, um sich das auszudenken, für gut zu befinden, es umzusetzen (ohne dabei von Lach- oder Brechkrämpfen geplagt zu werden) und das auch noch aufzuhängen.
 
 
Der macht das!
 
 
Nachtrag: Ich war heute in Sankt Augustin unterwegs und hab die Gelegenheit genutzt, diese Perle der Lichtbildkunst visuell festzuhalten:

Whalplakat Knuelle

 
Abschließend sei noch zu sagen, dass auch der Name des guten Herren für humoristische Zwecke herangezogen werden könnte (für nicht-Rheinländer: „knülle“ ist ein -nicht mehr ganz geläufiger- Ausdruck für einen Zustand, in dem man durch Alkoholinduzierung in Reaktions- und Artikulationsfähigkeit deutlich eingeschränkt ist); aber sich über Namen lustig zu machen ist etwas für Kleingeister.

Niemand gibt den Atomkraftgegnern momentan so viel Rückenwind wie Vattenfall.

Zur langwierigen, unsäglichen und politikerverdrießenden Debatte um Internetsperren habe ich gerade ein wiedergebenswertes Zitat von Wolfgang Wieland gehört, das wunderbar eine immer wieder von der Zensurfraktion (verfälschend) in die Argumentation eingestreute Floskel sinnvoll erweitert:

Das Internet ist kein rechtsfreier Raum; das Internet ist aber auch kein bürgerrechtsfreier Raum.

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