Die lieben Mitmenschen


Ich hab das Gefühl, dass Aldi neuerdings auf Analog umgestellt hat.
Zumindest seine Steinofenpizza.

Dem Geschmack (bzw. seiner Abwesenheit) nach ist da nämlich nicht nur Analogkäse und Analogschinken drauf, sondern auch Analogtomatensoße, Analogsalami (mit Salz gestreckt) und Analogpilze; das ganze dann auf Analogteig.

Könnte man auch direkt die Verpackung essen.
Bisschen Salz drauf, und sie schmeckt genauso. Hat nur weniger Fett.

Seit ich meinen Job gewechselt habe gehe ich jeden Tag mindestens zwei mal durch die Godesberger Innenstadt. Ein Arbeitsweg, den ich eigentlich recht gern habe; er führt direkt an meinem Lieblingsteeladen vorbei (das ist eine Geschichte für ein ander Mal), ist autofrei, und ich kann auf dem Weg einkaufen gehen. Ausserdem mag ich es, Gespräche in vielen verschiedenen Sprachen zu hören; eine Hinterlassenschaft des ehemaligen Status als Diplomatenviertel.
Und gelegentlich finden sich dort Straßenmusiker ein. Straßenmusikern kann ich durchaus etwas abgewinnen, wenn sie wirklich gut sind. Und das sind einige von ihnen. Allerdings gibt es da zwei deutliche Ausnahmen: die obligatorischen Panflötenindianer mit Betulichkeitsmusik aus 90er-Jahre-Fernsehwerbung, und der schlechteste Geiger der Welt.

Über erstere braucht man ja keine weiteren Worte zu verlieren, aber zweiterer bedarf einer Erklärung, denke ich.
Zuallererst schafft er es, jeden zweiten oder dritten Ton quietschen oder kratzen zu lassen. So weit nicht besonderes, das beherrscht so ziemlich jeder Straßengeiger. Was ihn aber hervorhebt, ist seine (wie ich hoffe) einzigartige Begabung, bekannte Melodien durch Betonung an völlig unsinnigen Stellen sowie scheinbar wahllose Tempiwechsel so zu entstellen, dass sie lediglich als belangloses Gefiedel wie von einem Zehnjährigen, der einfach orientierungslos Töne aneinanderreiht, erscheinen. Manchmal, wenn man sich konzentriert, kann man erkennen, welches Stück da gerade malträtiert wird.
Aber halt auch nur manchmal.

Dann doch lieber Panflötenindianer.

Seriously?

Der eigentlich geräumige Briefkasten war ansonsten leer.

Waren übrigens Vertragsunterlagen drin. Mit Umschlag aus Kartonpapier.

Ich bin immer wieder aufs neue unangenehm erstaunt, wenn mir bewusst wird, welch geringe Verbreitung die überaus schätzenswerte Kunst der Toilettenbürstenbenutzung anscheinend erfahren hat.

Wir waren auf dem Rückweg vom IKEA. Zum zweiten Mal diese Woche, wie das schonmal passiert, wenn man an einem Tag hinfährt und zuhause beim Aufbau feststellt, dass man ein wichtiges Kleinteil vergessen hat. (Nebenbei: um kurz vor 8 unter der Woche im IKEA zu sein ist super. Dann ist der Laden ungefähr so leer wie ein Karnevalsgeschäft an Aschermittwoch).

Ich bog von der B9 ab, in die Rheinallee und dann auf die Straße, die hinter der Museumsmeile parallel zur Bahntrasse verläuft. Diese Straße ist viel angenehmer zu fahren, weil da wesentlich weniger los ist als auf der Bundesstraße, auf der man zwar 70 fahren dürfte, es aber selten kann, weil sie vollgestopft ist mit Ampeln und Autofahrern, die nicht ganz verstanden haben wie das mit Verkehr funktioniert. Ein Mitglied dieser Personengruppe schien sich allerdings gerade vor mir dafür entschieden zu haben, auch diesen Weg einzuschlagen. Er schlich förmlich um die Kurve, und ich jubelte schon innerlich, anscheinend hinter einem Rentner herjückeln zu dürfen. Die Karre passte dazu.
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