Die lieben Mitmenschen


Ich bin kein allzu großer Freund der Beethovenhalle.
Meiner Meinung nach steht sie an einer sehr ungünstigen Stelle; dadurch, dass sie nördlich der Kennedybrücke ist, wird sie faktisch aus dem „Ensemble“ der repräsentativen Bauten am Rheinufer ausgeschlossen. In Aufnahmen der Bonner Rheinufersilhouette ist sie seltenst zu finden. Ihr fehlt ein richtiger Zugang, von der Stadtseite aus versteckt sie sich quasi hinter Bäumen und einem dringen überholungsbedürftigen Parkplatz. Und das Dach missfällt mir. Nicht wegen der Form, ganz im Gegenteil, sondern weil es ein Kupferdach ist. Kupferdächer finde ich generell äußerst unhübsch und schwerstens langweilig.
 
Ich bin aber auch kein Gegner der Beethovenhalle.
Die Architektur finde ich nicht unbedingt ansprechend, aber auch nicht hässlich. Mir sind geschwungene Formen wie bei der eigentlichen Halle wesentlich lieber als die allgegenwärtigen Klotz- und Kastenbauten, und mir sagt es sehr zu, dass die Halle von außen nicht verputzt oder gar aus Sichtbeton gegossen, sondern gemauert ist.
 

Beethovenhalle
Foto: Presseamt Bundesstadt Bonn/Michael Sondermann

 
Die Beethovenhalle gehört untrennbar zur Stadt Bonn und ihrer Geschichte als Bundeshauptstadt. Sie ist ein architektonisches Zeugnis ihrer Zeit, und dazu noch eines, das einem nicht die Tränen in die Augen treibt. Ihr wurde nicht ohne Grund der Status als Baudenkmal zuerkannt.
 
Vor drei Tagen wurde die Halle 50 Jahre alt.
Die Stadt Bonn hat auf einen Festakt verzichtet. Sie hat auch darauf verzichtet, es überhaupt zu erwähnen.
 
Die Stadtverwaltung ist offensichtlich von der Beethovenhalle nicht allzu sehr angetan. Vielmehr sogar, sie ist offensichtlich bereit, diese Halle zu opfern.
Ein Festspielhaus will sie bauen, unterstützt, gefördert und gefordert von Telekom, Post und Postbank. Selbst wenn diese drei „Gönner“ die Baukosten fast vollständig übernehmen, halte ich das im Angesicht des drohenden Finanzdesasters, welches das World Conference Center zu werden droht, für nicht zwangsweise sinnvoll.
Und dieses Festspielhaus will sie – nach jetzigem Stand und Willen der Sponsoren – anstelle der Beethovenhalle bauen, bzw. lediglich die Haupthalle mit Kuppel stehen lassen und in den neuen Entwurf „integrieren“. Daher wird auch öffentlich überlegt, den Denkmalschutz entsprechend aufzuheben.
 
Mir stellt sich da die Frage, ob die werten Damen und Herren sich mal durch den Kopf haben gehen lassen, was der Sinn davon ist, etwas unter Denkmalschutz zu stellen. Wenn man diesen jederzeit nach Belieben wieder aufheben kann, nur weil das entsprechende Kunstwerk oder Gebäude gerade dem allgemeinen Geschmack (oder schlimmer: dem der Mehrheit im Stadtrat) nicht zusagt, dann kann man sich sparen, ihn überhaupt zu verleihen.
Die Halle muss dringend saniert werden, auch der Vorplatz braucht eine Generalüberholung oder am besten eine Neustrukturierung (sein Aussehen von 1959 hat er ohnehin längst nicht mehr), aber ein Abriss wäre eine sträfliche Fehlentscheidung.
 
Mal völlig davon abgesehen, dass der Standort meiner Meinung nach unverändert ungünstig ist, und ein Festspielhaus – falls man es denn baut – in der Gronau deutlich besser aufgehoben wäre.
 
 
Da die Politiker der beiden großen Parteien im Stadtrat sich von den Euro-Zeichen in den Augen blenden lassen und das 50-jährige Jubiläum der Beethovenhalle so ignorieren, hat sich aus dem kunsthistorischen Seminar der Uni Bonn eine Initiative zur Rettung der Beethovenhalle gegründet. Diese Initiative hat eine Ausstellung auf die Beine gestellt, um auf die geschichtliche und kunsthistorische Bedeutung der Halle aufmerksam zu machen. Sie zeigt vor allem viele Bilder der Anfangstage der Halle aus dem Archiv von Hans Schafgans, sowie einige Zeitungsartikel aus der Zeit der Planung, des Baus und der Eröffnung der Halle.
Ich war gestern auf der Eröffnung der Ausstellung und kann jedem nur empfehlen, sie sich zu Gemüte zu führen.
 
 
[Der Titel dieses Eintrags stammt aus der Eröffnungsreden von Dr. Angelika Schyrma. Meiner Meinung nach kann man die aktuellen Geschehnisse nicht besser zusammenfassen.]
 

Ich würde mich selbst als durchaus kunstaffinen Menschen bezeichnen.
Ich liebe Musik, lasse mich gerne von Fotos ins Staunen versetzen, genieße Bücher ganz besonders, wenn in ihnen mit Sprache gespielt wird und bewundere Menschen, die aus Stein Figuren zaubern können.
Daher halte ich es auch für eine durch und durch gute Idee, denn öffentlichen Raum mit Kunst aufzufüllen. Die Kunstwerke, die dabei in der Gegend verteilt werden (bevorzugt natürlich auf Kreisverkehren), treffen nicht immer ganz meinen Geschmack, aber das muss ja auch nicht so sein. Ich freue mich auch darüber, wenn der Künstler mal irgendwo davon abgesehen hat, etwas abstraktes zu entwerfen, aber auch das ist Geschmackssache.

Aber darum soll es hier gar nicht gehen.
Etwas, dass meinem Eindruck nach die überwiegende Zahl aller öffentlicher und einiger nichtöffentlicher Kunstwerke gemein haben, egal ob abstrakt oder verständlich, ob groß oder klein, ob ansprechend oder Tränen in die Augen treiben, ist eine äußerst fragwürdige Materialwahl.

Sie sind aus Rost.

Mag ja sein, dass die Farbe davon von weitem ganz nett aussieht. Aber auch nur von weitem. Von nahem sehen diese Gebilde schon am ersten Tag eher aus, als wären sie aus einer Industrieruine gefischt worden.
Warum um alles in der Welt benutzt man vorwiegend ein Material, dass es unmöglich macht, das Objekt anzufassen oder sich ihm unbedarft zu nähern, ohne Angst zu haben, seine Kleidung zu versauen? Ein Material, dass den Anschein erweckt, etwas sei da hin gestellt und vergessen worden? Ein Material, dass schon nach wenigen Monaten dafür sorgt, dass der Boden darunter permanent fies und dreckig aussieht; wie der Innenhof von einem Schrottplatz?
Eine Eigenschaft, die Effekt hat, dass man bei Entfernen des Kunstwerkes den Boden gleich mal mit erneuern darf, wodurch anhand der neuen Pflastersteine ein heller Fleck wie eine Narbe zurückbleibt, der sich erst nach Jahren wieder ausgleicht.

Und entfernt werden müssen die Gebilde. Denn rostiges Eisen ist ein Material, dessen Haupteigenschaft ist, dass es sich zersetzt.

Kunst für die Ewigkeit ist was anderes.
 
 
Wenn es vereinzelt mal benutzt werden würde, um eine künstlerische Aussage zu unterstreichen oder tätigen – meinetwegen.
Aber warum benutzt jeder dahergelaufene Künstler dieses Material, als wäre es der letzte verfügbare Werkstoff auf Erden?

„Und dann sprach er die denkwürdigen Worte: ‚Digger, Digger, derbe, Digger, Alder!'“

Ich finde es ja eine recht gute Sache, dass die Plakate von rechten Parteien immer seeehr hoch hängen.
Einerseits zeigt das, dass den Idioten klar ist, dass ihre dumme Hetze nicht auf allzu viel Gegenlieben stößt, des weiteren werden die Parolen dadurch schwieriger zu lesen, andereseits aber verhindert das auch, dass die Plakate entfernt werden (was in einer Demokratie wichtig ist).

Und es erlaubt so Dinge, wie die Plakate der gegen rechts gerichteten Parteien drunter zu hängen. Oder so etwas wie das hier:


Lange LeiternLange Leitern

 
Mit bestem Dank an Anja für den Hinweis und Jones für die Fotos!
 

Eben, Radionachrichten:
„Die Schulferien in NRW werden nicht wegen der Schweinegrippe verlängert. […] Es soll auch dafür gesorgt werden, dass an den Schulen genügend Seifenspender und Papierhandtücher auf den Toiletten zur Verfügung stehen.“

Es braucht also lediglich eine kleine Paranoia, um zuzugeben, dass diese Dinge gerne mal Mangelware an den Schulen sind.

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